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Hauskünstler Albin Paulus: Stimmakrobat und Multi-Instrumentalist

folkBALTICA 2024

Albin Paulus spielt nicht nur Musik. Er spielt mit den musikalischen Möglichkeiten von Instrumenten sowie zu Instrumenten umfunktionierten Alltagsgegenständen und Naturmaterialien. Eines seiner wichtigsten Spielzeuge ist aber seine eigene Stimme.

Aufgewachsen in einer Familie, die schon immer zuhause und auf langen Autofahrten gern und viel zusammen gesungen hat, war er früh neugierig auf alles, was die Stimme so tut. Auch die unterschiedlichen Sprachklänge seiner Kindheit – seine Eltern kommen aus Österreich, er selbst ist in Braunschweig aufgewachsen – haben das Spiel mit den unterschiedlichen Lauten befeuert. „Mit fünf Jahren fand ich es total cool, dass meine Eltern Dialekt sprechen. Ich habe dann angefangen, mit dem gerollten ‚r‘ herumzuspielen. Ein Klang, der für meine Klassenkameraden ganz ungewöhnlich war.

Mit seinem Großvater kam die Bastelei dazu. „Eigentlich hatte er mit Musik nichts am Hut. Aber als Jäger hat er sich zum Zeitvertreib gern Pfeiffchen gebaut und auf Grashalmen gespielt.“ Mit zehn Jahren baut Albin Paulus sich seinen ersten Dudelsack. Später, während und nach seinem Studium der Musikwissenschaft, funktioniert er Löwenzahnstengel zur Mini-Flöte um und spielt auf nachgebauten Instrumenten aus dem Zeitalter der Jäger und Sammler. „Die hatten sehr viel Muße und haben sich dann zum Beispiel Instrumente gebaut und darauf gespielt.

Nach klassischem Musikunterricht, unter anderem auf der Klarinette, fasziniert ihn heute besonders der archaische Klang, „das, was der Stimme von Natur aus innewohnt und was jeder mit nur wenigen Mitteln aus ihr herauskitzeln kann.“ Jodeln gehört dazu. Es basiert auf dem Wechsel von Brust- und Kopfstimme. Gern überschreitet Albin Paulus auch dabei die Grenzen und mischt zum Beispiel in das klassische Jodeln Ideen aus dem Joik, einem gutturalen traditionellen Gesang der Samen.

Auf der folkBALTICA kommt auch die Maultrommel zum Einsatz. „Mit fünf Jahren hat mir meine Mutter meine erste Maultrommel geschenkt. Das war der absolute Wahnsinn! Die Maultrommel ist ja kein Instrument. Sie ist eher ein Tongenerator, eine nach außen verlagerte Stimme. Das, was die Musik macht, ist der eigene Vokalapparat, also die Stimme.
Albin Paulus nutzt aber auch Sprache. Einen großen Einfluss auf seine immer wieder spielend grenzüberschreitende musikalische Erkundungsreise hat zum Beispiel das Plattdeutsche. „Ich habe schnell festgestellt: Das ganze Hochdeutsch ist Plattdeutsch geprägt.“ Albin Paulus hat daher auch gern plattdeutsche Lieder im Repertoire. Er hat alte Balladen aus dem Mitteldeutschen ausgegraben, traditionelle alte Köhlerlieder aus dem Harz mit Jodlern entdeckt und selbst plattdeutsche Lieder verfasst.

Ich mag es, Grenzen einfach zu ignorieren oder, wenn sie sich zeigen, sie zu entlarven.

Albin Paulus lebt heute in Wien und wurde unter anderem 2022 mit dem Sonderpreis der Jury beim internationalen FOLKHERBST-Musikwettbewerb in Plauen ausgezeichnet.